parallax background

Schiesst Japan den Walschutz ab?

12 September, 2018

Die einen wollen wieder die kommerzielle Jagd auf grosse Wale eröffnen. Die anderen fordern einen Umbau der Internationalen Walfangkommission (IWC) in ein Gremium zum Walschutz. Am aktuellen IWC-Treffen in Brasilien sind die Differenzen zwischen Walfang- und Walschutzländern weiterhin unüberbrückbar.

Von Hans Peter Roth

Einen Erfolg kann die Walfangnation Japan mit ihren Verbündeten bereits verbuchen: Der Antrag, im Südatlantik ein Walschutzgebiet einzurichten, ist an der aktuell in Brasilien tagenden Internationalen Walfangkommission (IWC) abgelehnt worden. Brasilien, Argentinien, Uruguay, Gabun und Südafrika reichten den Antrag gemeinsam ein. Zwar hat mit 39 zu 25 Stimmen eine klare Mehrheit der stimmberechtigten Staaten an der 67. IWC-Tagung den Vorstoss befürwortet, doch notwendig zur Annahme wäre eine Dreiviertelmehrheit. Das Gebiet im Südatlantik wäre nach jenem im Indischen Ozean und in der Antarktis das dritte von der IWC eingerichtete Walschutzgebiet.

Brisante Konstellation

Doch Japan und allen voran seine Verbündeten Norwegen und Island wollen weit mehr als «nur» Walschutzgebiete bekämpfen. Sie fordern nichts weniger als die Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs. Gelingt das Ansinnen, wäre eine der grössten Errungenschaften des Artenschutzes, das internationale Walfang-Moratorium, zunichte gemacht. Es ist seit mehr als 30 Jahren in Kraft und hat seit 1986 Hunderttausenden von Grosswalen das Leben gerettet.

Die Konstellation ist brisant: Während Japan dieses Jahr den IWC-Vorsitz innehat, ist Brasilien Gastgeberland. Und dieses hält Japans Antrag, künftig wieder Walfangquoten für kommerzielle Zwecke zu vergeben, seinen eigenen Vorschlag entgegen: Die «Florianópolis-Deklaration». Deren Ziel ist die Transformation der IWC von einer Walfang-Kommission in eine moderne Walschutz-Kommission mit der Absicht, sämtliche Walbestände wieder auf das Niveau vor der industriellen Bejagung zu bringen.

Ein von einer Harpune getroffener Wal wird an Bord eines Schiffes gezogen. Foto: Greenpeace

Arten- und Tierschutz

Die Sachlage ist klar: Während sich einige Walarten in den letzten 50 Jahren wieder etwas erholt haben, bleiben andere stark bedroht. Die Ursachen sind vielschichtig, warum die Wale auch mehr als 30 Jahre nach dem IWC-Moratorium weiterhin gefährdet sind: Überfischung, Meeresverschmutzung, Plastikmüll, Verheddern in Fischnetzen, Unterwasserlärm, Schiffskollisionen und Klimawandel sind einige der aktuellen Bedrohungen für die grossen Meeressäuger.

Neben dem Artenschutz liefern auch tierschützerische Fakten Munition gegen die Waljagd. So wollte die norwegische Regierung zu Beginn der aktuellen IWC-Konferenz mit einem Bericht den Fortschritt bei den Jagdmethoden belegen. Stattdessen dokumentiert dieser, dass fast 20 Prozent der von Explosivharpunen getroffenen Wale zwischen 6 und 25 Minuten qualvoll leiden, bevor sie schließlich sterben.

Die Daten, die währen der Jagdsaison im Jahr 2011 und 2012 gesammelt wurden, belegen, dass für eine große Anzahl der geschlachteten 271 Zwergwale der Tod nicht sofort eintrat. Die durchschnittliche Zeit bis zum Tod für 49 dieser Wale betrug 6 Minuten. Ein Wal musste, nachdem er verwundet wurde, erneut beschossen werden und starb erst nach einem Todeskampf von 20 bis 25 Minuten.

Trächtige Weibchen getötet

«Zum aktuellen IWC-Treffen in Brasilien sind diese schockierenden Zahlen eine rechtzeitige Erinnerung daran, wie unglaublich grausam der industrielle Walfang ist. Es ist unbegreiflich, dass Norwegen versucht, diesen Bericht als Beleg des Fortschritts beim Tierschutz zu verwenden», sagt Astrid Fuchs, Programmleiterin bei Whale and Dolphin Conservation (WDC) in Deutschland.

Die Grausamkeit des norwegischen, japanischen und isländischen Walfangs sorgte im vergangenen Jahr für Schlagzeilen, als sich herausstellte, dass regelmäßig eine große Anzahl trächtiger Weibchen von den Walfängern getötet wird.

Hintergrund

Die Konvention zur Regulierung des Walfangs (ICRW) wurde im Jahr 1946 von 15 Staaten verhandelt und trat 1948 in Kraft. Heute zählt die das Abkommen verwaltende Internationale Walfangkommission (IWC) 88 Mitgliedsstaaten. Im Jahr 1982, nach Jahrzehnten der intensiven industriellen Bejagung weltweiter Walbestände, entschied die IWC, den kommerziellen Walfang zu verbieten. Das sogenannte Moratorium, die vielleicht grösste Errungenschaft im internationalen Artenschutz, trat 1986 in Kraft, rettete seither Hunderttausenden Walen das Leben, wird jedoch seitens Norwegens, Islands und Russlands nicht anerkannt. (Quelle: OceanCare)

Quellen:
www.oceancare.org/blog
https://de.whales.org/news/2018/09/norwegischer-walfang-bericht-bestaetigt-wale-sterben-qualvoll
https://uk.whales.org/sites/default/files/animal-welfare-in-norway.pdf

Comments are closed.

Diese Seite verwendet Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten. Wenn Sie auf der Seite weitersurfen, stimmen Sie der Cookie-Nutzung zu.